Get Credits, 2016; Einkanal-Video aus Webcam-Videos, Loop 11:39 min.
Timo Ullmann hat professionelle Webcam-Performerinnen gegen Bezahlung aufgefordert, anstelle eines Striptease ihr Lieblings-Liebeslied vorzusingen. In den drei aufeinanderfolgenden Clips stellt je eine Webcam-Performerin ihr favorisiertes Lied vor. Der für die Frauen ungewohnte Auftrag kristallisiert die Strukturen und Beziehungen zwischen Geld, Macht, Erotik und Medien heraus. Die Clips oszillieren zwischen erotischer Unterhaltung und amateurhaftem YouTube-Karaoke.
Der Betrachter wird dabei in die voyeuristische Position des Künstlers versetzt. Gelegentliche Bewegungen des Mauszeigers verweisen auf den Auftraggeber des Videos; anhand der Benutzeroberfläche kann man auf eine Social-Media-Plattform mit spezifischen Interaktionsmöglichkeiten schliessen. Spätestens mit der Warnung „You have 112 seconds left! Get Credits“ werden die Verhältnisse wieder neu definiert und die eigentliche Interaktionskonstellation von Konsument, Darstellerin und kommerziellem Erotikanbieter in den Vordergrund gerückt.
Die Arbeit vereint die Gegensätze von amateurhafter Inszenierung und professioneller Authentizität, von Befehl und Verführung, von globalisierten Klischees und traditionellen Liebesliedern sowie von Romantik und Sexbusiness.
Timo Ullmann, geboren 1987, absolvierte bis 2012 das Studium (BA) Kunst und Vermittlung an der Hochschule Luzern, 2015 erlangte er dort den MA in Public Spheres. Seit 2009 nimmt er an Ausstellungen teil. Timo Ullmann lebt und arbeitet in Aarau.